Social Entrepreneurship und Social Reengenering in der institutionalisierten Kinderbetreuung: Wege zu zukunftsfähigen Geschäftsmodellen

 

Ansprechpartner: Dipl.-Kfm. Patrick Saßmannshausen, Research-Assistent: Dipl.-Ök. David Brabender in Zusammenarbeit mit dem SIFE-Team Wuppertal und dem Kirchenkreis Dinslaken


„Social Entrepreneurship in der institutionellen Kinderbetreuung“

Im Fahrwasser bundespolitischer Initiativen zum Ausbau familienfördernder Maßnahmen in Deutschland gerät das Thema institutionelle Kinderbetreuung sowohl in der öffentlichen Diskussion als auch im privatwirtschaftlichen Sektor verstärkt in den Fokus. Dies liegt zum einen an der Häufung von Meldungen über Einrichtungen, die von der Schließung bedroht sind oder einen dringenden Handlungsbedarf im Betreuungsbereich erkennen lassen, zum anderen an einer wachsenden Zahl von Anspruchs- und Interessengruppen einer neu gestalteten Betreuungslandschaft nach Maßgabe moderner wissenschaftlicher, ökonomischer, pädagogischer und gesellschaftspolitischer Erkenntnisse.

Thematisch dominiert ist die Debatte um eine als notwendig erachtete Veränderung des frühkindlichen Betreuungssektors insbesondere durch eine Reihe von strukturellen Unzulänglichkeiten, die das Überleben der Einrichtungen in einer heutigen Form sowie ihre Bedarfskonformität zumindest in Frage stellen. So resultiert etwa das öffentlich stark wahrgenommene schlechte Abschneiden im Pisa-Test in der Forderung nach intensivierter frühkindlicher Bildungsförderung, ein gehobener Anspruch an die Einrichtungen, den auch landes- und bundespolitische Institutionen inzwischen im Vordergrund ihres Agierens platzieren.

Sinkende Geburtenzahlen gefährden neben der generellen Funktionsfähigkeit des sozialen Systems auch die Existenz vieler Kinderbetreuungsinstitutionen und somit die Erwerbstätigkeit des Betreuungspersonals. Unter den Einflüssen soziodemografischer Veränderungen geht dies einher mit einer Verschärfung der Konkurrenzsituation auf dem Betreuungsmarkt, auf dem unter sich stetig verändernden Rahmenbedingungen Institutionen um die Gunst einer schrumpfenden Klientel buhlen. In Zusammenspiel mit dem finanziellen Rückzug wichtiger Träger wie den evangelischen und katholischen Kirchen bedeuten dabei angedachte Finanzierungsmodelle (wie der Übergang von einer Pro-Platz-Förderung hin zu einer Pro-Kind-Förderung) eine erhebliche Verschärfung bei der Refinanzierung öffentlicher Betreuungsinstitutionen. Diese Erhöhung des Kostendrucks bei gleichzeitiger Forderung eines ausgeweiteten Angebotes setzt die bestehenden Institutionen in einen Handlungszwang, um ihr Überleben nach ökonomischen Gesichtspunkten zu gewährleisten. Innerhalb der neu definierten Rahmenbedingungen sind jedoch durchaus Möglichkeiten zu erkennen, die ein Bestehen im forcierten Wettbewerb auf dem Betreuungsmarkt bei Einleitung der richtigen strukturellen Veränderungen ermöglichen.

Ziel dieses Projektes ist die Bereitstellung eines Leitfadens für die Implementierung eines markt- und zukunftsfähigen Geschäftsmodells institutioneller Kinderbetreuung. Dazu findet zunächst eine Abhandlung des theoretischen Phänomens Social Entrepreneurship statt, die sowohl eine Definition liefert als auch eine wissenschaftliche Klassifizierung bereitstellt Zudem werden die institutionellen Rahmenbedingungen für Betreuungseinrichtungen vorgestellt. Dies beinhaltet insbesondere eine Analyse der politischen, rechtlichen, sozialen und demografischen Vorgaben, unter deren Berücksichtigung die strukturelle Neuausrichtung geschehen muss. Darauf folgt eine Wettbewerbsanalyse inklusive der Bestandsaufnahme typischer gegenwärtiger Angebotsmodelle. Zudem werden Best-Practice-Modelle aus dem In- und Ausland vorgestellt, die bei der Neugestaltung als Umsetzungsvorlage dienen und wertvolle Implikationen liefern können. Um eine Entscheidungsgrundlage für das Engagement zum Ausbau des Betreuungssektors bereitzustellen, werden Chancen und Risiken der verschiedenen Anspruchsgruppen genannt und abgewogen. Ein Leitfaden für die Konzeption einer bedarfskonformen Betreuungsinstitution stellt neben Vorschlägen zur Angebotsplanung Empfehlungen für die Wahl einer geeigneten Rechtsform, die Implementierung einer maßgeschneiderten Aufbau- und Ablauforganisation, die Einführung eines professionellen Personalmanagements, passende PR- und Marketing-Strategien sowie eine umfassende Finanzierungsplanung mit besonderem Fokus auf Einsparpotentiale möglicher Synergieeffekte bereit. Zudem werden Anregungen für die konzeptionelle Umsetzung der Maßnahmen offeriert. Abschließend veranschaulicht die Case Study des evangelischen Kirchenkreises Dinslaken die Entwicklung eines bedarfskonformen Geschäftsmodells institutioneller Kinderbetreuung mit maßgeschneiderter Trägerstruktur, die in Folge der oben angesprochenen Verschärfung der Marktsituation und einer veränderten Bedarfsstruktur seit dem Jahr 2003 diskutiert und seit 2005 forciert wurde mit dem Ziel der gänzlichen Umsetzung bis zum Jahr 2007.


Text: David Brabender, Bergische Universität Wuppertal, © Sept. 2006.